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Stricken, Schrankwand, Gartenzwerge

Raus aus der Tempofalle, rein in das gute Leben. Freizeitforscher orten eine neue Sehnsucht nach Hobby, Familie und alten Werten.
Claudia Piller-Kornherr

Die Zeitschriftenabteilung meiner Buchhandlung ist gut sortiert. Allein fünf Regale sind befüllt mit Magazinen, die mir erklären, wie wichtig Achtsamkeit, Entschleunigung und das einfache Leben für mich sind. „Flow“, „Happinez“, „Emotion Slow“ oder „Landlust“ heißen sie und haben eines gemein: Alles, was nur irgendwie an die graue Wirklichkeit erinnern könnte, wird hier ausgeblendet. Kein stressiger Job, keine laute Großstadt, keine profane Politik. Stattdessen anmutige Bilder von Barfußspaziergängen am Strand, herbstlich verfärbten Wäldern und reetgedeckchen maten Dächern irgendwo an der Ostsee. Dazu Anleitungen für kreative Scherenschnitte, Kalligrafie und die hohe Kunst des Zimtschneckenbackens. Und eine ausführliche Reportage über Annika, die in einem rosenumrankten Cottage in Südengland bezaubernde Kinderbücher illustriert.

Über alle Bilder schmiegt sich ein schmeichelnder Vintage-Filter, was die Geschichten noch ein Stück mehr der Realität entrückt. Frei nach dem Pippi-Langstrumpf- Credo: Ich mache mir die Welt, so wie sie mir gefällt. Als Draufgabe gibt es in jedem Heft für die Leser kleine Give- aways, die an Basteleien aus meiner Kindergartenzeit erinnern: bunte Papiergirlanden, putzige Kärtchen mit aufmunternden Aphorismen oder ein Tagebüchlein für gute Gedanken. Das Magazin „Flow“ aus dem Gruner + Jahr Verlag sprengte im vergangenen Jahr mit seiner verkauften Auflage die magische Marke von 100.000 Exemplaren. Realitätsflucht als Zeitgeist lässt sich gut verkaufen.

Mehr lesen Sie in der aktuellen VORFREUDE.

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