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Gärten der Vielfalt

Lebendigkeit, Naturnähe und Nachhaltigkeit sind Kennzeichen der Permakultur. Gärten wie Bauernhöfe werden in blühende Oasen verwandelt, in denen ökologisches Denken das oberste Prinzip ist.
Sandra Wobrazek

Genüsslich wühlen die wolligen Alpenschweine im Boden, während nicht weit entfernt Wildrinder mit ihren Kälbchen, Schafe und Ziegen grasen. In der Nähe gibt es Kirsch- und Apfelbäume dicht an dicht mit Fichten, Johannisbeersträuchern und Gemüsefeldern, auf denen Kartoffeln und Erbsen gedeihen, und Teiche, in denen Flusskrebse, Fische und Enten schwimmen. Wer in der warmen Jahreszeit über den Krameterhof im Süden des Salzburger Landes geht, vermutet sich eher in einem botanischen Garten denn auf einem Bergbauernhof. Doch das auf 1100 bis 1500 Meter Seehöhe gelegene 45 Hektar große Areal ist ein Vorzeigemodell der Permakultur, einer alternativen Art der Kreislaufbewirtschaftung, die die natürliche Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Tieren nutzt und auf Vielfalt und Nachhaltigkeit setzt. Im Lungau, hoch über dem Örtchen Ramingstein, liegt der Hof von Josef Holzer, inmitten einer Region, die aufgrund ihrer langen und strengen Winter, einer Jahresdurchschnittstemperatur von nur 5 Grad Celsius sowie 166 jährlichen Frosttagen auch als „Sibirien Österreichs“ gilt. „Permakultur ist für mich“, sagt Josef Holzer, „ein ganzheitlicher Ansatz der Landwirtschaft, bei dem man verantwortungsvoll mit Ressourcen umgeht und versucht, etwas zu geben und nicht nur zu nehmen. Auch dass man versteht, dass man Teil der Natur ist und sie nutzt, aber nicht ausbeutet. Ziel ist es, einen Weg zu finden, wie man einen Hof verantwortungsvoll bewirtschaftet, indem man regionale Energie- und Wertschöpfungskreisläufe findet.“

Vielfalt als Prinzip

Seit dem Jahr 1890 ist der idyllische Bergbauernhof im Besitz der Familie. Bereits in den 1970er-Jahren startete Sepp Holzer, der Vater von Josef, erste Versuche auf dem aufgrund seiner Höhenlage und Steilhänge schwer zu bewirtschaftenden Gehöft – und ließ keinen Stein auf dem anderen: Wo sonst Milchkühe gehalten werden, legte Holzer Terrassen an, baute Fischteiche und Gemüsegärten mit Kürbissen und Süßkartoffeln, züchtete mitten im Wald Getreide – und ließ auf 1500 Metern Kiwi- und Zitronenbäume erblühen. Dafür nutzte der Biobauer zum Teil jahrtausendealte Kulturformen, die in Vergessenheit geraten waren, und wurde damit zum international bekannten Querdenker und „Agrarrebell“.

Die Nutzung der Ressource Wasser spielt in der Permakultur eine große Rolle.

Mittlerweile führt Josef Holzer den Weg seines Vaters fort, betreibt Landwirtschaft, forscht und gibt Interessierten Schulungen in Sachen Permakultur. Er versteht seinen Hof als Freiluftlabor, in dem gängige Bewirtschaftungskonzepte analysiert und auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden und Neues ausprobiert wird. Dabei steht die Natur stets im Mittelpunkt, nicht der Markt: Man baut alte Sorten an, setzt auf Mischkulturen und Fruchtwechsel. Auch befasst sich Josef Holzer, der sagt, dass er als Landwirt keine Fließbandarbeit machen und nicht nur Handgriffe erledigen möchte, die ihm eine Smartphone-App vorgibt, mit Wildobst: Vogelbeere und Kirschpflaume wachsen ebenso am Krameterhof wie Mispel, Enzian oder Zirbe.

Die Tiere des Krameterhofs leben im Einklang mit der Natur und bringen dabei einen pflegerischen Aspekt mit ein

Die Tiere werden in ganzjähriger Freilandhaltung oder Koppelwirtschaft gehalten: „Sie sollen ein artgerechtes Leben führen, frische Luft und Sonne genießen, sich bewegen und Sozialkontakte haben können. Der positive Nebeneffekt: Man spart sich viel Arbeit, und wenn man es sich richtig einteilt, kann man im Vergleich zur Stallhaltung sogar ein paar Tiere mehr halten.“ Seine Schweine, Rinder, Ziegen und Schafe lässt Josef Holzer nur auf Flächen grasen, auf denen er sonst nichts anbauen könnte, oder in einer Multi-Nutzung mit Bäumen, Sträuchern und Obstbäumen. Der positive Effekt: Sie bringen einen pflegerischen Aspekt mit ein, etwa indem sie das Unkraut fressen und den Boden auf natürlicher Weise düngen.

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