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Uhudler und Kellerstöckl: Auf beschwingte Auszeiten

Jakob Ehrhardt

Ins Südburgenland fährt man nicht per Autobahn. In die Nähe, gut, aber vor Ort verliert sich die Hektik in den Weinbergen. Die sanfte Dünung der Hügel verändert den Rhythmus der Anreise. Die kleinen Landesstraßen mäandern durchs Land. Und schon bevor man am Reiseziel angekommen ist, streichelt Entschleunigung das Gemüt. Zeit ist das, was der kluge Mensch sich nimmt, wenn er’s braucht.

  • Typisch Südburgenland – sanft gewellte Kulturlandschaft voller Gastlichkeit.
  • Wenn die Kastanien reif sind, gibt’s den Uhudler-Sturm
  • Strohgedeckter Weinkeller aus dem Jahr 1782.

Eva und Martin Weinek zum Beispiel: Als „Inspektor Kunz“ an der Seite des „Kommissar Rex“ hat der Bühnen- und Theaterschauspieler ganz Österreich schmunzeln lassen und ein wenig Italien noch dazu, als er im südländischen Rex-Sequel einige Auftritte hatte.

„Eva und ich suchten in den frühen 1990ern kleine Fluchten aus der Hektik der Dreharbeiten. Das Burgenland bot sich an, wir fuhren hin … und sind geblieben.“ Geblieben wie so viele andere, die inzwischen das Land am Dreiländereck Österreich-Ungarn-Kroatien zur Zweitheimat gemacht haben. Die Weineks haben sich allerdings noch etwas intensiver auf die Herausforderungen des Landlebens eingelassen – seit 1993 bewirtschaften sie drei Hektar Weingarten in Hagensdorf, sind mit Uhudler & Co. von der Rebe bis ins Glas per Du geworden – und freuen sich, wenn sie Gäste in ihrem Kellerstöckl oder der komfortablen Weinlodge bewirten können. Und ihnen reinen Wein einschenken … erste Top-Prämierungen sind der Lohn für das Risiko, sich auf das Doppelleben zwischen Schauspielerei, Dramaturgie und Weinberg eingelassen zu haben.

 

Der Uhudler – umstritten wie die meisten Stars

Ein „Zuagroista“, ein Zugereister im Burgenland, ist der Uhudler. Die unveredelte Direktträger-Rebe stammt ursprünglich aus Amerika. Die Sorten, die seit über 100 Jahren rund um die Ortschaften Heiligenbrunn, Eltendorf und Moschendorf kultiviert werden, stammen von Vorfahren mit klingenden Namen ab wie Ripatella, Delaware, Concord und Elvira. Großer Vorzug des Uhudlers: Er ist äußerst resistent gegen Reblaus und Pilzkrankheiten, kann also „bio“ angebaut werden und liegt damit an sich voll im Trend – trotzdem ist er alles andere als unumstritten.

Über viele Jahrzehnte war der Uhudler nichts als der Hauswein, den die Leute in dieser abgeschiedenen Region tranken. Gegen den Durst und für die gute Laune. Manchmal wohl auch über den Durst … Beinamen wie „Rabiatperle“ sagen nichts über die Qualität des Weines aus. 1938 wurde der Uhudler zum ersten Mal verboten, 1970 wurde er vom Weingesetz als Haustrunk zugelassen, bis Mitte der 1980er der Begriff „Haustrunk“ aus dem Weingesetz verschwand und der Uhudler faktisch verboten war.

Seit 1992 darf der Uhudler wieder verkauft werden – zunächst lokal eingeschränkt, aktuell sind Neubewertungen im Gange, Umgestaltungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen, bis hin zur Auseinandersetzung mit der EU, die seit 2003 prinzipiell den Anbau von Direktträgern/unveredelten Rebsorten verbietet.

Das Uhudlerland – sanfter Tourismus als Chance für die Region

Parallel zur Aufwertung des Uhudlers als charaktervolle Weinspezialität entwickelt er sich zum Zugpferd des Tourismus in der Region. Rund um den Wein und damit verbundene Produkte entsteht das „Uhudlerland“ als regionale Marke, die das Image der Region schärfen soll. Der Wein selbst, der frühere „Heckenklescher“, hat sich zum Qualitätswein gemausert, darf – bei gegebenen Voraussetzungen – das DAC-Siegel tragen und begeistert seine Freunde mit einem intensiven Bukett, das an Walderdbeeren und schwarze Ribiseln erinnert.

 

Woher der eigenartige Name stammen mag? Sepp Krutzler, gastronomisches Urgestein aus Heiligenbrunn, bietet zwei Erklärungen an. Zum einen die allgegen wärtige, wonach man nach übertriebenem Genuss dem Trinker gern bescheinigte, er würde aussehen wie ein Uhu. „Wir haben ein Trinkgefäß, das nur in dieser Region beheimatet ist – eine Art Plutzer, der bei uns Uddler heißt. Gut möglich, dass auch daher der Name Uhudler kommt.“ Sich beim Krutzler in Heiligenbrunn einzuquartieren heißt, einem lebendigen Lexikon der Region und einem beschlagenen Heimatkundler zu begegnen. Wenn er von seinen Ritten weit in die Pannonische Tiefebene hinein erzählt, fühlt man sich an den – zugegeben, politisch wenig korrekt – „Zigeunerbaron“ erinnert. Und in unzähligen Geschichten und Schnurren wird das Land zwischen Ziehbrunnen und Rebstöcken lebendig. Vor allem an lauschigen Abenden in der legendären Kellergasse von Heiligenbrunn, die aus dem 18. Jahrhundert stammt. Was aussieht wie ein Freilichtmuseum, ist ein liebevoll erhaltenes und gepflegtes Juwel lokaler Geschichte – und eben alles andere als ein Museum. Die historische Kellergasse ist immer noch eine Kellergasse, hier wird der Wein gelagert … und hier wird der Wein getrunken. Vor allem im Sommer und Herbst trifft man sich gern, stößt aufs Leben an, feiert urwüchsige Feste, Ge- lage voller Saft und Kraft. Ohne Sorge um den Führerschein, man hat sich ja vorsorglich ein paar Schritte weiter einquartiert auf Viersternniveau beim Krutzler oder romantisch zurückgezogen in einem der vielen Kellerstöckl der Umgebung.

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