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Oben ohne

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche ...“, beginnt Johann Wolfgang von Goethe seinen Osterspaziergang. Für die Freunde der Mobilität auf zwei oder vier Rädern lösen die ersten Signale des Frühlings andere Reaktionen aus – „oben ohne“ ist angesagt.
Jakob Ehrhardt
  • Der Sonne entgegen, den Fahrtwind spüren: Was kostet die Welt?
    Der Sonne entgegen, den Fahrtwind spüren: Was kostet die Welt?
Im kleinsten Auto wird die Lebensfreude groß, wenn sich das Dach öffnen lässt.

Verdecke verschwinden im Kofferraum, die Lederkombi ersetzt das Karosserieblech. Sich endlich wieder den Fahrtwind um die Nase pfeifen lassen. Über viel zu lange Wintermonate hat man sich darauf gefreut! Für die Liebhaber von Cabrio oder Motorrad ist der Weg das Ziel – Ausnahmen bestätigen die Regel. Unsere Limousinen von heute sind gepanzert mit viel Vernunft, und das ist gut so. Niemand möchte im Winter auf die Segnungen einer mollig wärmenden Heizung verzichten, niemand möchte sich ungeschützt dem Sprühnebel aus salznassen Autobahnen aussetzen.

Aber dann! Die Temperaturen klettern zum ersten Mal stabil über die Zwanzig-Grad-Marke. Die Straßen trocknen auf. Zartes Grün an Bäumen und Sträuchern kitzelt die Sehnsüchte nach der Freiheit, die für viele im Fahrtwind liegt. Ganz egal, ob der erste Ausflug mit einem kräftigen Schnupfen endet: Da muss man durch. Man? Das Abenteuer im Cabrio oder auf dem Bock ist schon lange nicht mehr auf die Herren der Schöpfung eingeschränkt. Frau tut’s immer öfter, und man sieht’s gern. Die wehende Mähne im Sonnenlicht. Die rasante Kurventechnik der Damen im Sattel.

Es wäre ein krasses Vorurteil, dass nur Evastöchter genießen, sich am Steuer eines flotten Cabrios zu zeigen, langsam und gelassen über die Promenaden cruisend. So ein heruntergelassenes Dach öffnet schließlich eine Bühne, die den Allermeisten schmeichelt, wenn sie die Ledersitze einnehmen, die ihnen eine Welt bedeuten. Der Effekt, wenn sich am Parkplatz vor dem eleganten Schanigarten das Verdeck aus seinen Verspannungen löst und mit Raffinesse aus dem Sichtfeld abtaucht – unvergleichlich!

Cabrios präsentieren im schönsten Sonnenlicht, wer sie fährt. Die Lederkluft der Biker leistet oft Gegenteiliges am Jahrmarkt der Eitelkeiten – sie verbirgt. Die schnittige Knautschzone aus Leder oder sportiv gemusterten Hightech-Materialien lässt praktisch jeden wie Tom Cruise auf Mission aussehen. Die Stunde der Wahrheit schlägt nach dem Absteigen, wenn aus der Hülle quillt, was wirklich ist. Da aber ohnedies nur charakterstarke Persönlichkeiten die geballte Kraft eines Mopeds (wie hartgesottene Liebhaber des potent motorisierten Zweirads ihre Feuerstühle gern nennen) entfesseln sollten, stehen sie haushoch über solch oberflächlichen Betrachtungen.

Freude am Fahren, Freude am Unterwegssein

Die ja auch nur von denen kommen, die sich das lustvolle Vergnügen versagen, mit Vortrieb und Fliehkräften zu spielen. Und dabei allerlei Vorurteilen ausgesetzt sind. Freilich, die gibt es auch, die aus der Sicht des vollverglasten Limousinenfahrers halsbrecherisch unterwegs sind und nicht nur sich selbst gefährden. Schwarze Schafe, wie sie überall auftreten. Der erfahrene Biker weiß, dass er im Fall des Falles nur den Schutz seiner Montur genießen kann. Die beglückende Unmittelbarkeit des Fahrerlebnisses im hautnahen Kontakt mit den Elementen kann sich zu leicht ins Gegenteil verkehren. Und Adrenalinschübe sollten eher als Warnsignale denn als Motivationsschub verstanden werden.

 

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