Aktuelles Leben Spiritualität

Lust auf Leichtigkeit

„Verzicht nimmt nicht, Verzicht gibt.“ Die Worte des Philosophen Martin Heidegger stehen über dem Eingang des Gästetrakts im Kloster Pernegg. Das wollten wir genau wissen und schickten unsere Chefredakteurin zum Fasten in die Waldviertler Abgeschiedenheit. Ein Erlebnisbericht mit überraschenden Erkenntnissen – und ganz ohne Hunger.
Claudia Piller-Kornherr

Eine Woche Fasten hinter Klostermauern – zum Ausklinken, Kopffreikriegen und um ein wenig Leichtigkeit zu tanken. So weit mein Plan. Und natürlich treibt mich auch die Neugier an: Wie wird sich eine Woche ohne Essen auf meinen Körper und meine Psyche auswirken? Verzichten, das heißt in diesem Fall Fasten nach der Buchinger-Methode, was bedeutet, es gibt keine feste Nahrung. Dafür viel Flüssigkeit in Form von Tee, Wasser und Gemüsebrühe. Entwickelt wurde das Verfahren von Dr. Otto Buchinger (1878–1966). Der deutsche Militärarzt hatte an einer nicht ausgeheilten Mandelentzündung und in Folge an starken rheumatischen Beschwerden gelitten, die ihn an den Rollstuhl fesselten, bevor er sich selbst durch eine drei-wöchige Fastenkur kurierte. Das hätte sein Leben gerettet, schrieb er später und widmete sein Dasein fortan dem Fasten als Heilmethode. Verzichten, das heißt in Pernegg auch: auf den Zimmern kein Fernseher, kein Radio, kein Internet. Das iPhone schalte ich nur ein, um mich einmal am Tag bei meiner Familie zu melden. Es ist eine Auszeit von allem, für die das ehemalige Prämonstratenserkloster ein ganz wunderbarer Flecken ist.

In den 1990er-Jahren wurde das 1153 gegründete Kloster zum modernen Fastenzentrum umgebaut. Heute werden hier die unterschiedlichsten Fastenkurse angeboten – etwa Fasten mit Wandern, Yoga oder Malkursen. Sogar Fasten in Kombination mit Golfspielen kann gebucht werden.

Die große Nachfrage hat der stillen Magie des Ortes nicht geschadet. Seit 2016 wird das öffentliche Interesse am Thema Fasten zusätzlich befeuert: Damals erhielt der Japaner Yoshinori Ohsumi für die Entdeckung des Autophagie-Mechanismus den Medizin-Nobelpreis. Autophagie ist eine Art von zellulärem Recycling, das durch periodischen Nahrungsentzug aktiviert wird und das die Abwehr und Heilung bestimmter Krankheiten unterstützen kann. Auch hierzulande wird das Thema mittlerweile intensiv beforscht.

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