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Lesesäle im Dornröschenschlaf

Sie sind Stätten der Schriftkultur, Tempel des Wissens, Oasen der Stille und Schätze der Architektur. Ein Abtauchen in die beeindruckende Welt der Bibliotheken – in Hoffnung und Vorfreude, dass dort bald wieder das Umblättern von Seiten zu hören sein wird.
Claudia Piller-Kornherr
  • Architekturjuwel: Eine helle, offene Raumstruktur und minimalistisches Design prägen die neue Stadtbibliothek Stuttgart
    Architekturjuwel: Eine helle, offene Raumstruktur und minimalistisches Design prägen die neue Stadtbibliothek Stuttgart

Mitten im pulsierenden Herzen  von Manhattan liegt eine Pilgerstätte für Bibliophile: Die New York Public Library, die mit über 55 Millionen Medien zu den größten Bibliotheken der Welt zählt. Celebrities wie Grace Kelly, Jackie Onassis und Bob Dylan sollen unter den prunkvollen Kassettendecken der großen Lesesäle schon geschmökert haben. Hollywood diente das imposante Gebäude an der Fifth Avenue immer wieder als Drehort, etwa für „Frühstück bei Tiffany“, „Ghostbusters“ oder „Sex and the City“. Und tagtäglich stecken hier Hunderte von Menschen ihre Nasen in die Bücher. Zumindest war das die letzten knapp 200 Jahre so. Bis Mitte März 2020. Denn während dieser Artikel entstand, legte ein Virus weltweit die Öffentlichkeit lahm. Zu Redaktionsschluss vermeldete die Website der NYPL, dass ihre Räumlichkeiten aufgrund der Covid-19-Pandemie bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Ebenso wie viele andere Stätten der Schriftkultur rund um den Globus wohl auf unbestimmte Zeit verwaist sein werden.

 

Ein Raum ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele.

Wie sehr diese Orte gerade jetzt fehlen, formulierte Ranga Yogeshwar, der bekannte Wissenschaftsjournalist, jüngst treffend in einem Vortrag. „Bibliotheken als Orte haben besondere Qualitäten. Wir hängen doch nicht nur alle isoliert vor Bildschirmen. Wir sind soziale Wesen und brauchen gemeinsame Orte. Diese Funktionen erfüllen Bibliotheken. Bibliotheken sind lebende Organismen.

Die Bibliothek in den eigenen vier Wänden erlebt in Zeiten der Krise eine unerwartete Renaissance.

Paradiese für Bibliophile

Ein Kleinod unter diesen Organismen ist zweifellos die Cuypers-Bibliothek des Amsterdamer Rijksmuseum (Rijksmuseum Research Library), die größte und älteste kunsthistorische Bibliothek Hollands. Die prachtvollen Räume wurden nach intensiver Restaurierung wieder in ihren ursprünglichen Zustand gebracht und vermitteln den Besuchern so, ein kleiner Teil mitten in der Geschichte zu sein. Allerdings heißt es hier: Nur anschauen, nicht anfassen! Die Bibliothek ist lediglich für Forschungszwecke zu benützen.

Die Admonter Stiftsbibliothek: Gesamtkunstwerk des europäischen Spätbarocks.

Die Admonter Stiftsbibliothek in der Obersteiermark, ihres Zeichens die größte Klosterbibliothek der Welt, ist ein Juwel des europäischen Spätbarocks. In der 1776 fertig gestellten Bibliothek sind
verschiedene Kunstgattungen (Architektur, Fresken, Skulpturen, Schriften und Druckwerke) zu einer Einheit verschmolzen. Der Architekt Josef Hueber entwarf den Raum in einer visionären Dreiglie- derung – mit einem Gewölbe von sieben Kuppeln. 48 Fenster sorgen in Verbindung mit den weiß-goldenen Bücherschränken für eine besondere Helligkeit. Ein Konzept, ganz im Zeichen der Aufklärung, die Licht mit Erkenntnis gleichsetzte, die die Klosterbibliothek durchströmen sollte. Die sieben Deckenfresken zeigen die verschiedenen Stadien der menschlichen Erkenntnis.

Mehr lesen Sie in der neuen VORFREUDE.