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Essigsaurer Tenor

Beim Aceto Balsamico verstehen die Italiener keinen Spaß. Beim Belcanto auch nicht. Der kostbare Tropfen, den Gourmets ungern einfach nur als Essig bezeichnen, sollte aus Modena kommen und „tradizionale“ hergestellt werden. Und der Gesang … auch der reift in Modena zu seltener Güte, wie Opernkenner spätestens seit Luciano Pavarotti und Mirella Freni wissen. Und nun kommt da einer aus Österreich, produziert in Klosterneuburg einen Balsamico, der Prämierungen regelmäßig mit Spitzenplätzen absolviert, und ist selbst im Laufe seiner Karriere zum international gefeierten Tenor gereift …
Jakob Ehrhardt

Begonnen hat alles in Bludenz, wo der kleine Herwig Pecoraro im Kreise einer sehr musikalischen Familie seine Freude am Singen aus- leben konnte. Schon der Knabe war im Kirchenchor als Solist gefragt, er kam im kleineren Kreis des Ländles gut herum. Und auch die Lust am Genießen war früh ausgeprägt: „Koch war mein Traumberuf!“ Die Eltern eines Schulfreunds betrieben eine Konditorei, und es war ihnen nur recht, dass Pecoraro sich – „Ich war immer ein Mann des Nebenbei!“ – die Künste der Patisserie aneignete, freilich ohne formalen Abschluss. Den Beifall der Eltern fand die zuckersüße Perspektive freilich nicht, sie sahen ihren Herwig eher als soliden Beamten. Und so ging es vorerst auf die Gendarmerieschule und – nebenbei – ans gerade erst gegründete Vorarlberger Konservatorium. „Sie müssen etwas machen aus Ihrer Stimme!“, hörte er allenthalben. Zunächst aber brachte ihn ein Wechsel zur Polizei – „Die hatten die familienfreundlicheren Dienstzeiten!“ – nach Innsbruck, wo er bald als „singender Polizist“ bekannt war. Zugleich führte ihn das Konservatorium als Aushängeschild und ließ nicht locker, ihn zu Höherem zu motivieren. Herwig Pecoraro wusste nicht so recht … die beiden Kinder waren gerade geboren, er war auch gern Polizist – konnte eine Karriere als Sänger denn gut gehen? Durfte er das riskieren?

Herwig Pecoraro

Da erfuhr er, dass eine der ganz Großen aus der Welt des Gesangs, Elisabeth Schwarzkopf, in Vorarlberg ihren Urlaub verbrachte. Der singende Polizist ergriff die Chance, sich um ein Urteil aus berufenem Mund zu bewerben. Kurz entschlossen stand er in seiner besten Uniform am Rande des Tennisplatzes, auf dem die Schwarzkopf spielte. Während er noch nachdachte, wie er sein Anliegen am besten vorbringen könnte, unterbrach die Diva ihr Spiel und fragte den Uniformierten: „Habe ich denn etwas angestellt?“ Er trug seinen Wunsch vor, hatte im Hintergrund alles vorbereitet mitsamt Korrepetitor und Flügel, Elisabeth Schwarzkopf ließ sich überreden, und Pecoraro sang und siegte. Spontan unterrichtete der Opernstar den jungen Tenor täglich während der bleibenden drei Wochen ihrer Ferien, um schließlich zu befinden: „Sie müssen nach Italien gehen!“ Wie es denn um seinen finanziellen Hintergrund bestellt wäre? Herwig Pecoraro berichtete vom Hausbau und den damit verbundenen Schulden, Schwarzkopf verschaffte sich einen Termin beim damaligen Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Keßler, und im Handumdrehen hatte sie für das junge Talent hunderttausend Schilling organisiert, um die Ausbildung in der Heimat des Belcanto zu finanzieren. Mehr dazu lesen Sie in der aktuellen VORFREUDE.

Fünfzehnjähriger Balsamico – Krönung erlesener Genüsse.