Es war einmal …
Vor langer Zeit gab es einen alten König, der sehr krank wurde. Zahlreiche Wunderärzte, die ihn heilen sollten, suchten ihn auf. Eines Tages besuchte ein Arzt aus dem Morgenland den Herrscher und sagte zu ihm: „Majestät, das Einzige, das Euch heilen kann, ist der Sennervogel. Wenn er für Euch singt, werdet Ihr wieder gesund.“ Die beiden ältesten Söhne des Königs machten sich auf, um den geheimnisvollen Vogel zu finden, doch sie versagten. Schließlich begab sich der jüngste Sohn, von den anderen stets als dumm gehänselt, auf die mühevolle und gefährliche Reise. Über viele Umwege schaffte der junge Mann es, den Sennervogel zu finden – und seinen Vater gesund zu machen. Schlussendlich lernte der Sohn noch die Frau seines Herzens kennen und wurde glücklich bis ans Ende seiner Tage.
Die Geschichte vom Sennervogel ist nicht nur ein alter Mythos, der neben Österreich unter anderem auch in Kurdistan, Russland, dem Iran oder Deutschland bekannt ist, sie ist auch eines der Lieblingsmärchen von Helmut Wittmann aus dem oberösterreichischen Almtal.
Wittmann ist professioneller Märchenerzähler, Märchen und Sagen zu erzählen ist für ihn weit mehr Berufung denn Beruf: Zwischen 600 und 700 Erzählungen aus aller Welt beherrscht er. Regionale Sagen aus Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Wien sind eben- so darunter wie solche aus der Türkei oder der Mongolei. Regelmäßig eignet sich der Oberösterreicher neue an, forscht in Bibliotheken und Archiven, blättert sich durch Märchensammlungen oder bekommt die Geschichten von anderen Menschen erzählt.1987 arbeitete Helmut Wittmann als Organisator eines internationalen Märchenfestivals, für das die Erzähler aus der ganzen Welt anreisten. „Doch niemand“, erinnert er sich, „hat alpenländische, heimische Volksmärchen erzählt. Ich habe das sehr schade gefunden und den Versuch gewagt, selber Märchen zu erzählen.“ Mittlerweile tritt er in Schulen eben- so auf wie bei nationalen und internationalen Erzählfestivals, bei Sagenwanderungen oder Seminaren – in Österreich eben- so wie in Indien, dem Iran oder Russland.
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