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Schätze aus der Unterwelt

In den Depots österreichischer Museen lagern unzählige Kunstwerke, die die Öffentlichkeit selten zu sehen bekommt. Vertreter der Albertina, des Joanneums und des Salzburg Museums zeigen einige dieser wertvollen Objekte – und berichten von deren lebendiger Geschichte.
Sandra Wobrazek

Lediglich alle zehn bis 15 Jahre hat er seinen großen Auftritt. Dann nämlich ist der weltberühmte Feldhase des Renaissancemeisters Albrecht Dürer für kurze Zeit zu sehen – um bald darauf wieder in seinem gut geschützten Bau zu verschwinden, dem Stahlbeton-Tiefspeicher der Albertina, 24 Meter unter Basteiniveau gelegen. Dort wird das 1502 entstandene Aquarell vor dem bewahrt, was für das fragile Kunstwerk die größte Gefahr darstellt: Licht und Luftfeuchtigkeit.

Museale Schatzkammern Der Feldhase ist eines von über einer Million Kunstwerken des 1776 von Albert von Sachsen-Teschen gegründeten Hauses, dessen Sammlung Zeichnungen, Aquarelle und druckgrafische Arbeiten vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart umfasst. Der Großteil wird in dem 5000 Kubikmeter großen Hochsicherheitsdepot, einem der größten der Welt, bei 19,5 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit in säurefreien Kartonbehältnissen gelagert und von einem vollautomatisierten Robotik-System verwaltet. Darüber hinaus sorgen Klimaschleusen dafür, dass kein Staubkorn den Kunstschätzen schadet. Wie in der Albertina befindet sich auch bei allen anderen österreichischen Museen ein Großteil der Objekte in deren Depots, während es nur ein geringer Teil ist, den die Öffentlichkeit in Dauer- oder Spezialausstellungen zu sehen bekommt.

Eines dieser Objekte aus den musealen Schatzkammern Österreichs ist das weibliche Liebespaar von Egon Schiele aus dem Bestand der Albertina, das sich durch besondere Symbolkraft auszeichnet. „Diese Gouache“, erklärt Klaus Albrecht Schröder, „fällt aus dem Werk Schieles heraus, weil sie zwei Frauen darstellt, die einander umschlingend als Liebespaar gezeigt werden. Es ist zugleich Tabubruch und Festhalten an Schieles Weltbild, dass am Ende des Tages jeder Mensch allein ist.

Denn die eine Frau hält die andere zwar eng umschlungen, diese antwortet auf die Intimität jedoch nicht und wirkt in ihrer Darstellung wie eine Puppe.“ Das 1915 entstandene Werk ist eines der größten und schönsten Bilder, so Schröder, die Schiele je gemalt hat, kurz bevor er seinen Militärdienst im Ersten Weltkrieg antreten musste. Zuletzt gezeigt wurde es 2018 zum 100. Todestag des großen Expressionisten und ist Teil der umfassenden Schiele-Sammlung des Hauses, die über 180 Werke umfasst.

Mehr lesen Sie in der neuen VORFREUDE.

  • Die Albertina besitzt mehr als eine Million Objekte – nur ein kleiner Teil wird öffentlich gezeigt.
  • Im Schaudepot sind einige der 4,9 Millionen Objekte des Joanneums zu bewundern.
  • „Wir sehen uns als Sammelbecken der Salzburger Geschichte“, meint Peter Husty, Chefkurator des Salzburg Museums.