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Auf digitaler Diät

Das Smartphone als Lieblingsspielzeug der Twenty-four-seven-Gesellschaft. Wann der wischende Daumen zur Sucht wird und warum Offline der neue Luxus ist.
Text: Claudia Piller-Kornherr
  • Digital Detox Camp 1
    Digital Detox Camp 1

Knapp zwei Milliarden Nutzer verzeichnete Facebook 2017, täglich werden bei Instagram 80 Millionen Fotos hochgeladen. Und 1,3 Milliarden Personen nutzten im Juli 2017 den Messaging-Dienst WhatsApp (Quelle: Statista).  Schon unheimlich, da existiert ein digitales Paralleluniversum aus Milliarden von Posts, Tweets, Messages und Kommentaren. Aus fotografierten Schnittlauchbroten, glücklichen Selfies am Sandstrand und erwachsenen Menschen, die sich Hundenasen und Sternenstaub-Filter über ihre Fotos legen. (34 Freunden gefällt das.)

2015 wurde Smobie vom Langenscheidt-Verlag zum Jugendwort des Jahres gekürt. Ein Smombie (Kreation aus Smartphone + Zombie) ist jemand, der ständig auf sein Smartphone starrt und von seiner Umwelt nichts mehr mitbekommt.  In der chinesischen Stadt Chongquing haben die Smobies sogar eine eigene Mobile Lane, also einen separaten Streifen am Gehsteig,  um Zusammenstöße mit anderen Fußgängern zu vermeiden. Schön neue Online-Welt – und ich ein Teil von ihr! Vielleicht bin ich ja sogar schon am Wege zum Smobie?

Ein Selbstversuch: 62 Mal habe ich heute zum Handy gegriffen. Insgesamt habe ich 3 Stunden und 22 Minuten telefonierend, surfend, chattend – jedenfalls irgendwie online verbracht. Das sind 202 Minuten Lebenszeit! Warum ich das so genau weiß: Seit einigen Tagen läuft auf meinem iPhone eine App, die im Hintergrund Häufigkeit und Dauer meiner Handynutzung trackt. Die Anwendung wurde für Menschen entwickelt, die mehr Kontrolle über ihren wischenden Daumen haben wollen oder den Verdacht haben, sie irgendwie schon verloren zu haben. Wer die Vermutung hat, dass er diesbezüglich über die Stränge schlägt, kann ein tägliches Limit eingeben und wird bei Überschreitung von der App abgemahnt. Bei mir ertönt jetzt ein penetrant lauter Buzzer, sobald ich 1,5 Stunden überschritten habe und hindert mich daran, mein Smartphone wieder zu aktivieren. Irgendwie ist das erbärmlich. Aber besondere Umstände erfordern eben besondere Maßnahmen.

Mehr über digitale Auszeiten, WLAN-lose Almen und der Sehnsucht nach der analogen Welt in der aktuellen Ausgabe der VORFREUDE.