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Die raue Schönheit

Ihr Element ist das Meer, ihre Stärke ist ihr Facettenreichtum. In der Bretagne trifft eine vielfältige Landschaft auf charmante Küstenstädtchen und mystische Kultur.
Sandra Wobrazek
  • Wind, Wetter und Gezeiten habenden beeindruckenden Felsformationen der Côte de Granit Rose (Rosa Granitküste) ihr Aussehen verliehen.
  • Der weltberühmte Klosterberg Mont-Saint-Michel ist eines der meistbesuchten Wahrzeichen Frankreichs.
  • Ihr Element ist das Meer, ihre Stärke ist ihr Facettenreichtum. In der Bretagne trifft eine vielfältige Landschaft auf charmante Küstenstädtchen und mystische Kultur.
  • Mittelalterliche Städtchen mit pittoresken Plätzen und Gassen sind überall in der Bretagne zu finden.

Dicht an dicht reihen sich die kleinen, verwitterten Holzstände mit den bunten Plastikkörben am Ende der Hafenpromenade von Cancale aneinander. Nur eine einzige, dafür aber höchst delikate Ware wird hier feilgeboten: „Möchten Sie die besonders salzigen Austern kosten oder lieber die mit dem fischigeren Geschmack?“, fragt der braungebrannte Händler freundlich, um dann kurzerhand verschiedene Sorten Felsenaustern mit einer Zitronenspalte auf den kleinen Plastikteller zu packen. Die scharfkantigen Muscheln sind in Cancale kein Luxus, sondern Selbstverständlichkeit und Lebensgrundlage vieler Familien, Gemeinsam mit den Einheimischen verzehrt man sie, wie bei einem Picknick auf der Kaimauer sitzend, während man auf den berühmten Klosterberg Mont-SaintMichel blickt, der am anderen Ende der Bucht thront.

Mit ihrer rauen Schönheit und der unprätentiösen Art ihrer Bewohner ist die Fischerstadt am östlichsten Ende der bretonischen Smaragdküste ein Synonym für die gesamte Bretagne. Denn die Region im Westen Frankreichs ist weder so mondän wie die französische Riviera mit ihrem türkisblauen Wasser und den schicken Badeorten Nizza, Cannes und Saint-Tropez. Noch kann sie mit den prachtvollen Schlössern des Loiretals oder den weltberühmten Weingärten des Bordeaux dienen. Doch wer einmal die auf einem Granitfelsen gebaute Mittelalter-Festung von Fougères erblickt hat, auf deren mächtige Burgmauer nach einem Regenschauer Sonnenstrahlen fallen, oder am feinkörnigen Strand von Dinard entlangspaziert ist, während die Gischt des Atlantiks an die Steilküste zerbricht, der wird von der Schönheit der Bretagne nachhaltig beeindruckt sein.

 

Per Flugzeug und Auto oder Zug erreicht man die Bretagne am schnellsten: Knapp vier Stunden braucht man zum Beispiel mit dem Leihwagen von Paris bis Rennes, der Hauptstadt der Bretagne, in der mehr als 215.000 der 3,3 Millionen Bretonen leben. Das beliebteste Open-Air-Bistro der Universitätsstadt ist der samstägliche Marché des Lices, der zweitgrößte Lebensmittelmarkt Frankreichs, der seit 350 Jahren existiert und das Herz von Gourmets höherschlagen lässt.

Am besten besucht man das bunte Markttreiben am frühen Vormittag und schlendert dann an den Ständen der mehr als 300 Käse-, Gemüse- und Fischhändler entlang, die rund um die beiden roten Backsteinhallen aus dem 19. Jahrhundert ihre Waren feilbieten und bereitwillig Kostproben verteilen. Abschließend sollte man sich bei einem Glas Cidre das bretonische Nationalgericht gönnen: Galettes bretonnes. Die herzhaften Buchweizen-Crêpes werden auf dem Marché des Lices frisch zubereitet und mit unterschiedlichen pikanten Zutaten gefüllt. Wer einen guten Eindruck von der Bretagne bekommen möchte, sollte knapp zwei Wochen Zeit mitbringen und sich auf eine Rundreise begeben, etwa in den Norden und Nordwesten. Nur 40 Autominuten nordöstlich von Rennes werden 1000 Jahre bretonische Geschichte spürbar – und zwar in Fougères. Bis ins 15. Jahrhundert markierte die Stadt am Fluss Nançon die Grenze zwischen Frankreich und der Bretagne. Das im Jahr 1020 auf einem Schieferfelsen erbaute Château de Fougères ist die größte Festungsanlage Europas, die mit 13 Türmen und einem fünf Meter breiten Wehrgang das Herzogtum der Bretonen vor feindlichen Mächten schützen sollte. Am besten spaziert man um das steinerne Bollwerk herum und schlendert dann weiter in den botanischen Garten. Hier bietet sich nicht nur eine beeindruckende Aussicht auf die Festung, man kann auch Skulpturen zeitgenössischer Künstler besichtigen, um dann nach einem kurzen Anstieg weiter in die Altstadt mit ihren pittoresken Fachwerkhäusern und dem lebendigen Marktviertel Vieil zu gelangen.

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