Mehr braucht’s nicht?
Für viele, die ihr Leben auf 18 bis 40 Quadratmeter einrichten, bedeutet das allerdings keinen Rückzug. Im Gegenteil. Es geht ums Abwerfen von Ballast, der in vielen Fällen belastet, statt das Leben zu bereichern. Es geht um konsequentes Reduzieren. Es entspricht einer Kultur der Konzentration auf das Wesentliche. Auf das, was Menschen wirklich brauchen.
Und das sehen (Ver)Braucher natürlich unterschiedlich. Stichwort Urbanität: Nach wie vor gibt es die Abwanderung aus dem ländlichen Raum, aber auch eine Abwanderung aus den großen Citys in die umliegenden Speckgürtel – mit allen da – mit verbundenen Problemen von Verkehr und Infrastruktur. Und es gibt gegenläufige Trends hin zu Kleinstädten und Dörfern, die andere Formen von Urbanität und sozialer Innovation zu bieten haben.
Zum Thema Wohnraum berichten Bauträger von vermehrter Nachfrage nach kleineren Wohneinheiten, was nicht nur mit den Quadratmeterpreisen in Ballungsräumen zu tun hat, ob nun gekauft oder gemietet. Dabei wird immer unwichtiger, sich „auf Dauer“ einzurichten, sich nie derzulassen. Man folgt dem Angebot an Beschäftigung, man wird altersspezifisch mobiler. Studium in der weiten Welt, Job und Familie (wenn überhaupt) dort, wo’s interessant ist, Ruhegenuss in späteren Jahren „small and beautiful“ in frei gewählter Umgebung … der Traum vom Eigenheim wird immer öfter abgelöst von mobilen Konzepten, die den jeweiligen Lebensumständen flexibel angepasst werden.
Das „Tiny House“ hat seine Wurzeln in den USA, wo Mobilität seit jeher ein bedeutenderes Thema ist. Das Land wurde von Planwagentrecks erobert, in den Rezessionszeiten der Dreißigerjahre zogen die Wanderarbeiter quer durch den Kontinent, und zuletzt setzte die Immobilienkrise der Jahrtausendwende viele auf die Straße und in Bewegung – Mobile Homes gehören zu Nordamerika wie Käse zu Makkaroni.
In Europa und in Österreich mehrten sich die Anhänger einer Lebenseinstellung, die mobiler angelegt ist, nicht nur raumbezogen. Die drei wesentlichen Dinge – einen Baum pflanzen, ein Haus bauen, ein Kind zeugen – haben ihre Selbstverständlichkeit verloren.
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