Es war 1875, als der erste originale Goiserer, ein stabiler und mit einer Zwienaht vernähter Bergschuh, produziert wurde. Heute, rund 150 Jahre später, sitzt Schuhmachermeister Philipp Schwarz in seiner Werkstatt, einem kleinen, hellgelben Steinhäuschen nahe der Bad Goiserer Marktstraße, und fertigt sie immer noch an, jene über die Grenzen Österreichs hinaus beliebten Schuhe.
Dass er sich dem Schuhmacher-Handwerk verschreiben würde, war für ihn nicht von Anfang an klar, arbeitete der Absolvent einer Tourismusschule doch viele Jahre in der Marketingbranche. Dort sehnte er sich jedoch nach einem Beruf, in dem er seine Liebe zum Handwerk und zu Schuhen mit Kreativität verbinden konnte – und entschied sich schlussendlich zu einer Schuhmacher-Lehre.
40 Stunden pro Paar
Kurz nach Ende der Ausbildung gründete Schwarz vor fünf Jahren seinen Betrieb „Der Goiserer“. Dort stellt er mit einem Mitarbeiter neben den traditionel-len Schuhen auch moderne Modelle in teils ausgefallenen Farben her. Ein Jahr Wartezeit gibt es ob des großen Interesses an seinen hochwertigen Modellen: Vom Vermessen über das Gestalten der Leisten bis zum Vernähen des Leders, das großteils aus regionalen Gerbereien, aber auch schon mal vom Strauß stammt, wenn der Kunde das wünscht, braucht es seine Zeit, wie Philipp Schwarz sagt. „Jedes Paar, das unsere Werkstatt verlässt, ist ein originaler Goiserer, weil alle Schuhe zwiegenäht werden, Bergschuhe ebenso wie Budapester oder Damenpumps. Dafür braucht es mindestens 40 Stunden Handarbeit. Genau das wird von den Kunden, die aus Österreich, dem restlichen Europa oder den USA stammen, geschätzt.“
Hutmacherin der Stars
So wie Philipp Schwarz gibt es immer mehr junge Frauen und Männer, die sich für einen klassischen Handwerksberuf entscheiden und dabei tradiertes Wissen erhalten möchten. Dabei verbinden sie über Generationen weitergegebene Techniken mit innovativen Impulsen. Eine von ihnen ist Modistin Julia Cranz. Die Absolventin der Modeschule Hetzendorf, Schwerpunkt Modell-Modisterei, kreiert in ihrem Atelier in Niederösterreich international begehrten Kopfschmuck, der unter anderem von Hollywoodschauspielerin Sarah Jessica Parker, Operndiva Anna Netrebko oder europäischen Royals getragen wird. „Ich wollte“, erinnert sich die junge Designerin, „nicht nur zweidimensional nähen. Mich hat das Dreidimensionale mehr interessiert. So bin ich auf die Hüte gekommen, die für mich Kunst am Kopf sind.“
Bei einer Ausstellung in Venedig, wo Cranz ihr zweites Atelier hat, wurde sie vor einigen Jahren von einem amerikanischen Mode-Mäzen entdeckt, nach New York eingeladen und Patricia Field, der Stylistin der TV-Serie „Sex and the City“, vorgestellt. Kurz darauf stellte Julia Cranz ihre Arbeit bei der New York Fashion Week vor. Die Bandbreite der Hüte und Fascinators, wie spezieller Kopfschmuck genannt wird, ihres Labels „Julia Cranz – Hats and Hat Pieces“ reicht von klassischen Hüten aus Stroh, Filz oder Leder über ausgefallene Fascinators, die mit Federn, Perlen, Nieten oder Stoffohren verziert sind, bis zu zarten Blumen-Haarreifen für Bräute. Die Materialien stammen großteils aus England oder Italien und werden stets in Familienbetrieben produziert.
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