Baue lieber ungewöhnlich
Was ist das? Eine in der Sonne schimmernde Wolke? Ein silberner Teigklumpen? Oder viel- leicht doch etwas ganz anderes? Legitime Fragen angesichts des riesigen, anatomisch geformten Gebildes, das sich da im oberösterreichischen Asten unweit der Westautobahn erhebt. Bei dem rätselhaften Gebäude handelt es sich um das sogenannte Paneum (Beiname: Wunderkammer des Brotes), ein Museum, in dem Geschichte und Geschichten rund um das Thema Brot mit allen Sinnen erlebt werden können. Mindestens so sehenswert wie die Ausstellung rund um das älteste Lebensmittel der Welt ist die spektakuläre Architektur des Hauses, das die Handschrift von Wolf D. Prix, CEO von Coop Himmelb(l)au, trägt. Prix dachte bei seinem Entwurf an „eine Art Wolkenschiff, eine Arche Noah, mit der wertvollObjekte gleichsam in eine andere Welt gerettet werden sollen“. Während außen über 3000 Edelstahlschindeln silbern in der Sonne glänzen, wird innen die Holzstruktur des Gebäudes sichtbar. Geschwungene Linien ermöglichen dem Besucher – im wahrsten Sinne des Wortes – einen Rundgang durch alle Ausstellungsbereiche. Das Paneum steht exemplarisch für neue spannende Architekturprojekte Österreichs, die gleichermaßen begeistern, erstaunen und mitunter auch für Irritation sorgen.
Ein Außerirdischer landet in Graz
Von Irritationen weiß man in der steirischen Landeshauptstadt ein Lied zu singen. Im Rahmen des Europäischen Kulturhauptstadtjahres 2003 gab es anlässlich der Planung und Umsetzung des neuen Kunsthauses einen gewaltigen Aufschrei. So etwas wie die riesige, blau schimmernde Blase hatte man an der Mur noch nicht gesehen. Als Nilpferdbaby, Seeschnecke, Stachelschwein, Walfisch oder als „freundlichen Außerirdischen“ titulierte man den Neubau – den zuletzt genannten Namen gab ihm Colin Fournier, einer der beiden Architekten. Für ihn ist das Kunsthaus ein biomorphes, undefinierbares Etwas, ein Hybrid, fremd und vertraut zugleich, mit dem „Charme eines freundlichen streunenden Bastards mit höchst fragwürdigem Stammbaum“. Heute ist der Friendly Alien längst neues architektonisches Wahrzeichen, das in einem Atemzug mit Uhrturm und Schloßberg genannt wird.
Die visionären Entwürfe der Zaha Hadid
Ob es das erst 2020 eröffnete, von der britisch-irakischen Stararchitektin Zaha Hadid gestaltete Argos auch irgendwann in die Herzen der Grazer schafft, wird sich erst zeigen. Denn recht skeptisch wurde beäugt, wie der alte Künstler- und Studententreff Kommod, der zuvor an dieser Stelle gestanden war, dem futuristischen Appartementhaus mit seinen 48 Bubbles („Glubschaugen“) weichen musste. Hadid, die 2016 verstorbene Grande Dame der internationalen Architekturszene, hatte mit ihren Kreationen auch andernorts immer wieder für Aufsehen gesorgt.
In Innsbruck gleich mehrfach: 1999 gewann sie mit ihrem Entwurf einer „dynamischen Pfeife“ die Ausschreibung für den Neubau der Bergisel-Sprungschanze und erhielt dafür 2002 den Österreichischen Staatspreis für Architektur. Hadids visionäre Konstruktionen, die oftmals aus Stahl, Glas und Zement bestehen, schaffen hohe, helle Räume und kaum einen rechten Winkel. Diesen Stil spiegelt auch die Architektur der 2007 eröffneten Hungerburgbahn wider. Inspiriert von Schnee und Eis, fügen sich die vier Stationen vom Congress über das Löwenhaus, den Alpenzoo und die Hungerburg in die urban-alpine Umgebung der Tiroler Landeshauptstadt ein.
Eine gute Autostunde von Innsbruck entfernt, auf dem Gipfel des Gaislachkogels in Sölden thront das 007 Elements des Tiroler Architekten Johann Obermoser. 2015 war der alpine Urlaubsort Drehort des 24. James-Bond-Streifens „Spectre“. Der Erinnerung an den berühmtesten Agenten der Filmgeschichte zollt man jetzt in einem interaktiven Museum auf 3056 Metern Höhe Tribut. Im Massivbauwerk wurden 2700 Kubikmeter Beton und 400 Tonnen Stahl verarbeitet. Im Inneren des Gebäudes stellen zwei große Öffnungen mit atemberaubenden Ausblicken den Bezug zur umliegenden Bergwelt her.
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